Woher kommt der Name „Martinshorn“?

Wer das „Tatütata“ von Einsatzfahrzeugen beschreiben will, sagt fast automatisch „Martinshorn“. Der Begriff ist (ähnlich „Tempo“ bei Papiertaschentüchern), ein Synonym für das Sondersignal. Polizeihauptkommissar a.D. Siegfried Paul nimmt Sie mit auf die interessante Entdeckungsreise zum Ursprung des Martinshorn.

Schon die „Ausführungsverordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen“ vom 3. März 1910 schrieb ein Signal vor, das wohl als Vorläufer des „Tatütata“ angesehen werden muss, welches aber nur dem Kaiser zugestanden wurde. Von Polizeifahrzeugen war noch keine Rede. Lediglich die Feuerwehr durfte sich im Notfall über Geschwindigkeitsbegrenzungen hinwegsetzen und musste dabei ein Glockenspiel benutzen. Mit der stark zunehmenden Motorisierung wurde bald deutlich, dass auch die Polizei die Möglichkeit haben musste, mit einer akustischen Warnvorrichtung Sonderechte im Notfall in Anspruch zu nehmen.

Mit einem Runderlass vom 7. Mai 1938 hat der „Reichsführer der SS und Chef der Deutschen Polizei und Feuerlöschpolizei“ ein einheitliches Warnzeichen und blaues Kennlicht für die Dienstfahrzeuge der Polizei und der Feuerlöschpolizei (entspricht der heutigen Feuerwehr) eingeführt. Das Blaulicht war schon seit 1937 in der Straßenverkehrsordnung festgeschrieben worden. Blaulicht übrigens deshalb, weil die Warnfarben „Rot“, „Gelb“ und auch „Grün“ bereits für die Verkehrsampeln genutzt wurden. Das Blaulicht bestand zu dieser Zeit aus einem Dauerlicht der Farbe kobaltblau. Es war also kein Blinklicht oder Rundumlicht. Mit dem angeführten Erlass von 1938 wurde zu dem Blaulicht ein Tonsignal vorgeschrieben, das im Erlass auch notenmäßig festgelegt wurde.

Das Gerät, welches dieses Tonsignal von sich gab, erhielt schnell im Volksmund den Namen „Martinshorn“ den es noch heute führt. Die Entstehung des Namens ist eigentlich ganz simpel. Die Herstellerfirma heißt Martin. In dem Runderlass von 1938 wurde festgehalten: „Genehmigt wird hiermit das Martinhorn Nr. 2097 der Deutschen Signal-Instrumentenfabrik Max B. Martin in Markneukirchen.“ Richtig muss das „Martinshorn“ also „MARTIN-Horn“ heißen, übrigens bis heute eine geschützte Wortmarke. Die Firma hatte das Horn bereits 1932 zusammen mit Feuerwehr und Polizei entwickelt. Bis zum zweiten Weltkrieg war jedes Sondersignal an deutschen Polizei- und Feuerwehrfahrzeugen tatsächlich ein MARTIN-Horn. Bis heute wird das MARTIN-Horn Nr. 2097 gebaut. Es besteht aus einem elektrisch angetriebenen Kompressor, in dessen Gehäuse eine Schaltmechanismus dafür sorgt, daß zunächst eine a‘ gestimmte „Trompete“ durch den Luftdruck drei Sekunden lang ertönt. Danach erklingt die zweite, d“ gestimmte „Trompete“ für drei Sekunden. Dieses Prinzip ist noch heute unübertroffen, wenn ein besonders durchdringendes Sondersignal gefragt ist.

Auch das blaue Dauerlicht wurde bis in jede Kleinigkeit genau festgelegt. Dieses Dauerlicht (kobaltblau massiv) wurde mit der Straßenverkehrszulassungsordnung vom 29.03.1956 geändert. Erst jetzt schrieb der § 52 Abs. 3 erstmals „Blinklicht“ vor und § 55 Abs. 4 änderte das akustische Warnsignal. Nun hieß es: „Eine Warnvorrichtung mit einer Folge verschieden hoher Töne muss an Fahrzeugen angebracht werden, die aufgrund des § 52 Abs. 3 Kennleuchten führen.“ Die heutigen Blaulichter haben mit ihren Vorfahren kaum noch etwas gemeinsam.

Text: Siegfried Paul, RKL Signaltechnik

Über den Autor:
Polizeihauptkommissar a.D. Siegfried Paul war in Hamm 38 Jahre und 182 Tage im Polizeidienst und hat bereits 1978 eine polizeihistorische Sammlung gegründet. Die Sammlung umfasst rund 32.000 Fotos der Stadt- und Polizeigeschichte, Ausrüstungsgegenstände, Uniformen, amtliche Bekanntmachungen und eine Unmenge an Einsatzunterlagen.

Mehr Informationen rund um die Polizei und zu der sehenswerten Sammlung finden Sie unter www.polizeihistorischesammlung-paul.de